Statement
Es geht uns Alle an!!
Deswegen mache ich auch mit dieser HP auf dieses Thema aufmerksam.
Zumal es im Suchtbereich auch viele Infizierte Menschen gibt.
* Der Patient hat der Nennung seines Namens an dieser Stelle ausdrücklich zugestimmt.
Zu meiner Diagnose Hepatitis C kam ich eher zufällig. Wochenlang fühlte ich mich schlapp.
Aber eigentlich nicht schlapp genug um dafür extra zum Arzt zu gehen. Meine Kollegen sagten immer wieder: Werner, geh doch mal zum Arzt. Sie müssen wissen, ich bin eine richtige rheinische Frohnatur. Und irgendwie fühlte ich mich nicht nur unwohl, auch meine gute Stimmung nahm ab. Das merken die Kollegen natürlich ganz schnell. Du hast bestimmt nur Vitaminmangel oder eine verschleppte Grippe. Also bin ich dann ab zum Arzt. Erst mal konnte er nichts feststellen und gab mir einen Termin zur Blutabnahme. Fünf Tage später, ich weiß noch genau, es war ein Montag, rief die Arzthelferin mich an und bat mich in die Praxis zu kommen. Der Arzt wolle mit mir die Ergebnisse der Blutuntersuchung besprechen.
Ich also hin. Meine Transaminasen seien zu hoch erklärte er mir. Weitere Untersuchungen seien notwendig, um der Sache auf den Grund zu gehen. Die dauerten dann so fünf Wochen und der PCR Test brachte dann die exakte Diagnose. Sie haben den Hepatitis-C-Virus erklärte mir mein Arzt. Und ich dachte nur sechs Wochen. Sie müssen wissen, mein Bruder hat sich mal auf einer Nilkreuzfahrt Hepatitis geholt und es dauerte sechs Wochen, bis er wieder gesund war. Ich saß also meinem Arzt gegenüber und versuchte, mich mit sechs Wochen Kranksein anzufreunden. Da ahnte ich natürlich noch nicht im Geringsten, was mich erwarten würde. Ein normaler Mensch kennt ja wohl auch kaum die Unterschiede zwischen Hepatitis A, B und C. Nun gut, ich spürte wie er versuchte mir möglichst schonend alles zu erklären. Das meine Erkrankung ernsthaft sei, das es aber moderne, neue Medikamente gäbe, die mich heilen könnten. Das ist doch gut, sagte ich zu ihm. Und ich erinnere, dass ich eigentlich erleichtert und guter Dinge war. Man hatte herausgefunden wo es mir fehlte und nun sollte ich Medikamente nehmen und dann wäre ich wieder der Alte.
Nun ja, meinte mein Arzt, die Behandlung würde ziemlich lange dauern und sei auch für viele Patienten eine ziemliche Belastung. Viele Patienten, ich bin nicht viele, ich bin Werner und keine Zimperliese, antwortete ich ihm. Und dann erklärte er mir, was alles so an Nebenwirkungen auf mich zu kommen könnte. Das hörte sich nicht so gut an. Grippeähnliche Symptome, Fieber, Gelenkschmerzen, trockene Haut und Haarausfall fand ich nicht gerade prickelnd. Aber damit kann man ja eine zeitlang leben, tröstete ich mich. Können Sie verstehen, dass mir mulmig wurde, als er von depressiven Verstimmungen sprach. Schon das Wort depressiv mag ich gar nicht.
Ich war immer so stolz auf meine ausgeglichene Natur. Eine Kollegin von mir, sie sitzt in der Buchhaltung, hat seit 20 Jahren depressive Verstimmung. Klar, sie tut uns allen leid.
Aber wer möchte so was schon haben. Ich bräuchte jetzt viel Rückhalt von meiner Familie und von meinen Freunden. Wenn depressive Stimmungen mir zuviel werden sollten, könnte er mir Antidepressiva oder auch eine begleitende Gesprächstherapie verschreiben, versprach er mir. Außerdem wäre es gut, die Behandlung in eine stressfreie Zeit zu legen.
Einerseits erleichtert, andererseits etwas beunruhigt verließ ich die Praxis. Es war Weihnachtszeit und bei uns im Geschäft machen wir 80% unseres Umsatzes im November und Dezember. Als Abteilungsleiter kann ich da schlecht fehlen. Deshalb wollten wir erst nach Sylvester mit der Behandlung starten. In der ersten Januar Woche an einem Freitag gings los. Mein Arzt gab mir einen Termin für 17 Uhr.
Das sei sinnvoll, damit ich die Chance hätte, die körperlichen Nebenwirkungen durch Überschlafen zu meistern. Das war vielleicht ein Wochenende! Mir taten die Knochen weh. Und vom Fieber war ich richtig matschig. Am liebsten wäre ich montags nicht zur Arbeit gegangen.
Da aber im Januar bei uns im Geschäft tote Hose ist, wollte ich das nutzen. Die ersten drei Wochen habe ich mich irgendwie über Wasser gehalten. Freitags am Spätnachmittag die Spritze. Die Wochenenden habe ich nur gelegen.
Meine Lieblingsschwester, die Dagmar, kam und hat mich betüttelt. Sie müssen wissen, ich bin Single. Die Dagmar drängte mich dann auch, meine Kollegen einzuweihen. Wenn das jetzt ein Jahr so geht, musst du denen was erzählen. Das war mir klar. Aber was sollte ich erzählen? Glauben Sie im Ernst, die hätten keine Angst gehabt, sich bei mir anzustecken. Auch wenn ich ganz klipp und klar rausstellen würde, das es im täglichen Umgang gar keine Möglichkeit geben würde, sich anzustecken. War ich genervt. Zu allem Übel musste ich mir jetzt auch noch eine allgemein akzeptable Erklärung ausdenken. In so Sachen bin ich nicht gut. Aber Dagmar. Die leitet nämlich einen Kindergarten. Ich solle alle zum Kaffee in den Sozialraum bei uns einladen und ganz richtig erzählen, das mein Blutbild nicht in Ordnung sei und ich deshalb jetzt ein Jahr lang regelmässig zum Arzt müsste. Und dann solle ich um Verständnis bitten, das ich in Zukunft wegen der Behandlung nicht mehr so belastbar sei und wahrscheinlich auch leicht reizbar wäre. Meine Kollegen waren ganz überrascht und meinten spontan, ich solle mir mal keine Gedanken machen, sie würden mir schon beistehen. Eine Woche später fiel ich dann in das Loch. Sie können mir glauben, das ist 10.000 Meilen unter dem Meer. Mir ging es so elend, ich bin durch meine Wohnung gekrochen. Nicht weil mir körperlich die Kraft fehlte, aufrecht zu gehen. Waren das die depressiven Verstimmungen? Das war die Depression! Eine Minute kam mir vor wie eine Stunde. Ich saß dann still und rauchte. Und saß still und rauchte. Und nichts war. Und kein Ende. Und nur Entsetzen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Es traf mich wie ein Holzhammer. Jetzt kann ich so locker drüber reden. Aber damals, als ich da so hockte und eine halbe Stunde brauchte um ins Bad zu kommen, da war das ganze Leben nur noch eine entsetzliche bleierne Last. Tag und Nacht war Nacht. Ich wollte nicht mehr. Nein so Leben wollte ich nicht. Und ich hatte noch 45 Spritzen, also 45 Wochen vor mir. Ich hätte Dagmar anrufen können. Aber ihr Optimismus war unerträglich. Was wusste sie schon. Ich wollte keine Aufmunterung und kein Mitleid. Und dann war ich so wütend auf mich. Wieso hatte ich mir C eingefangen. Warum nicht A wie andere auch. Weil ich nichts von mir hören lies, stand Dagmar einfach auf der Matte. Eigentlich wollte ich gar nicht aufmachen. Musste aber, denn die hätte den Hausmeister geholt und der hätte die Wohnungstür aufgeschlossen. Die Vorstellung war mir dann doch zu peinlich. Dagmar sah mich an und ich konnte aus ihrem Gesicht lesen: Sie war schockiert. Ob Sie glauben oder nicht. Das tat mir irgendwie gut. Ich fühlte mich irgendwie lebendig. Sie bedauerte mich nicht.
Sie tat was anderes. Im Wohnzimmerschrank stehen meine Fotoalben. Die holte Sie hervor und setzte sich zu mir. Sieh mal, die Bilder von Ballingspittel, da, du mit der riesigen Scholle. Ballingspittel, das hat mir geholfen. Das war wie ein Licht am Ende des Tunnels. Dort hatte ich meinen schönsten irischen Angelurlaub. Ich bin nämlich leidenschaftlicher Angler. Und die Scholle, wir nannten sie „Big-Spittel“, die wog sieben Pfund, die baute mich so ein wenig wieder auf. Dagmar sagte nicht mehr viel, räumte meine Bude auf und nahm mich zum Abschied in den Arm. Das nennt man „Eigenmotivation“, immer wenn du an etwas denkst, was besonders schön für dich war, so hilft dir das. Als sie das zu mir sagte war Januar.
Ein paar Tage darauf buchte ich 14 Tage Ballingspittel für den August. Und immer wenn es mir richtig schlecht ging, schaute ich mir die Fotos an oder gönnte mir irgend etwas Schönes aus dem Angelgeschäft. Ich will nun nicht behaupten, dass es mir dann wieder sofort gut ging. Nein, aber es ging mir gut genug, um das Ganze durchzustehen.
Schlusswort
Hepatitis C ist eine Erkrankung, die oft einen schleichenden Verlauf mit kaum spürbaren Beschwerden zeigt. Patienten sind daher nicht selten geneigt, eine Behandlung in Frage zu stellen oder ganz abzulehnen. Die Kombinationstherapie mit pegyliertem Interferon alfa und Ribavirin eröffnet jedoch Heilungs- und Lebenschancen, die trotz möglicher Nebenwirkungen genutzt werden sollten. Diese Therapie kann vor bedrohlichen und oft unterschätzten Spätfolgen schützen. Auch die mögliche Ansteckungsgefahr für Mitmenschen besteht nach einer erfolgreichen Therapie nicht mehr.
Vielleicht gibt es Tage, an denen Sie alles am liebsten hinwerfen würden. Denken Sie dann an Ihre Ziel:
„Ich will gesund werden“
Notrufnummern für Deutschland:
Feuerwehr und Rettungsdienst: 112
Bundesweite Sucht- und Drogenhotline: 01805-313031
Polizei: 110
Vergiftungszentralen: Deutschland: 030/19240
Österreich: 01/406 43 43
Schweiz: 145